Es ist komisch, fremde Wohnungen zu betreten
Lange Zeit musste die Feuerwehr auf Übungsabende verzichten. Seit Juli sind nun Aktivitäten in Löschzugstärke erlaubt. Und doch bleibt vieles anders
Mit Blaulicht und Martinshorn sind sie nicht zum Ort des Geschehens ausgerückt. Erst auf dem Übungsgelände werden die Blaulichter an diesem Abend eingeschaltet, wird rasch dafür gesorgt, dass das Gelände bestmöglich ausgeleuchtet ist.
Das Szenario: ein Gefahrguttransporter, der Chemikalien befördert, hat einen Unfall gehabt. Ätzende Dämpfe treten aus. Quecksilber ist im Spiel. Der ABC-Schutztrupp muss her. Und die Unfallstelle weiträumig abgesperrt werden. Zudem werden die beiden Lkw-Fahrer noch vermisst.
„Das ist schon eine anspruchsvolle Übung; die geht nicht nach Schema F“, verrät Tim Possehl. Der Unterbrandmeister des Löschzugs Stadt der Freiwilligen Feuerwehr hat sich das Szenario zusammen mit HauptBrandmeister Hartmut Friedrich ausgedacht. Das wiederum ist in gewisser Weise ein Schritt zurück zur normalen Routine. „Das geht reihum,dass jeder Feuerwehrmann sich eine Übung überlegt“, sagt Possehl.
„Das ist die dritte Übung in Zugstärke“, verrät Tim Possehl darüber hinaus. Seit April waren, wenn überhaupt, nur Übungen in Kleingruppen erlaubt. Doch aktuell sorgen die noch relativ niedrigen Inzidenzen dafür, dass auch größere Formate wieder möglich sind.
In der Übung zwängen sich Löschzugführer Jens Eickmeyer und Melvin Deppe in die Spezialausrüstung. Das Ausdampfen des Gefahrgutstoffes auf dem in sicherer Entfernung stehenden Lkw wird an diesem Abend von einer Nebelmaschine simuliert. Die beiden Vermissten sind rasch gefunden.Dann gilt es, die Farbbehälter zubergen und abzudichten.
„Zwei Mal im Monat gibt es die Übungsabende“, verrät Martin Standke, Stellvertreten der Löschzugführer. Zum Ende eines jeden Jahres werden die Dienstpläne geschrieben. Jeder erste Montag im Monat und jeder dritte Sonntag sind dann reserviert. „Wir haben den regulären Dienstbetrieb wieder aufgenommen, seitdem die Inzidenzen gesunken sind“, berichtet Martin Standke. „Das war bereits die dritte Übung in Zugstärke.“ Für die Kameraden des Löschzuges Bahnhof gilt Entsprechendes. „Unser Schwerpunkt liegt aktuell auf den Grundtätigkeiten.“ Die Basics sie sollen nach der langen Zwangspause auf jeden Fall sitzen. Das Tragen der Masken ist obligatorisch bei der Übung ebenso wie im realen Einsatz. Natürlich wird auf Abstand geachtet, vor allem in Innenräumen. „Wir dürfen jetzt aber wesentlich mehr als noch voreinem Jahr“, erklärt Martin Standke. Die regelmäßigen Tests und die Impfungen haben für Erleichterungen auch bei der Feuerwehr gesorgt. „Wir haben eine hohe Impfquote“,freut sich der Brandinspektor. „Die Mitglieder der Feuerwehr sind zu 98 Prozent durch geimpft“, sekundiert da Wehrführer Udo Huchtmann gerne. Und dennoch: „Es ist heutzutage schon komisch, eine fremde Wohnung zu betreten oder einen geschlossenen Raum“,findet Martin Standke.
Viele junge Kameraden sind im vergangenen Jahr dazu gekommen. „Wir merken aktuell,dass es uns gefehlt hat, die zu integrieren. Es ist eben doch etwas anderes, im eigenen Zug die Zahnräder ineinander zu fügen.“ Und zu viele Feuerwehrleute arbeiteten nicht in Borgholzhausen. Das sieht auch Wehrführer Udo Huchtmann so. „Wir würden gerne neue Mitglieder aufnehmen. Bedingt durch auswärtige Arbeitsplätze ist nie die komplette Mannschaft vor Ort.“ Wer zur Feuerwehr stoßen will, kann sich an die Löschzugführer Jens Eickmeyer (LZ Stadt) und Stefan Schlüter (LZ Bahnhof) wenden.
Quelle: Haller Kreisblatt